Zugfahren in Vietnam
36. Woche
Zu Fuß zum Bahnhof
Unsere Weiterfahrt mit dem Zug stand an. Es sollte nach Da Nang gehen, eine größere Stadt Vietnams. Wir liefen von unserer Unterkunft los, in der Hoffnung bald auf ein Taxi zu treffen, welches uns die restliche Stecke fahren würde. Es dauerte zwar ein bisschen, aber dafür war es total spannend durch die Straßen zu laufen. Wie fast überall in Asien sind Fußgänger vom Aussterben bedroht. Wenn es dann noch Touristen sind, ist das für die Einheimischen besonders interessant.
Unterwegs als Fußgänger
Wir wurden von Motorradfahrern mit „Madame! Mister!“ freundlich gegrüßt, Kinder riefen uns zu „Hello, what’s your name?“. Sie schienen sich zu freuen endlich ihre gelernten englischen Sätze verwenden zu können. Doch auf unsere Gegenfrage, wie sie denn heißen, war erstmal großes Schweigen und Überlegen angesagt. 😀
Soldaten, die eine Kaserne mit Maschinenpistole bewachten, lachten uns freundlich zu und fragten ebenfalls gut gelaunt nach unseren Namen. Die Einheimischen in den Straßenrestaurants beobachteten uns neugierig und fingen an zu strahlen, wenn wir ihnen freundlich zu nickten. Hier trifft mal wieder das Sprichwort zu: „Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln.“
Zugfahrt nach Da Nang
Am Bahnhof angekommen kauften wir unser Zugticket und warteten auf den Zug. Die vor uns liegende Zugstrecke zählt zur schönsten in ganz Vietnam. Es ging an grünen Reisfeldern, bewaldeten Bergen, Flüssen, kleinen Dörfern und direkt am Ozean vorbei. Teilweise sah man kein Land mehr zwischen uns und dem Meer. Die Aussicht war wirklich besonders und wir waren viel mit „Aus-dem-Fenster-schauen“ beschäftigt. Während der Zugfahrt lernten wir noch eine vietnamesische junge Frau kennen, die in Huế studiert. Wir waren beeindruckt von ihren hervorragenden Englischkenntnissen.
Unterkunft in Da Nang
In Da Nang angekommen erwarteten uns dunkle Wolken und Regen. Die Stadt war größer, als wir es vermutet hatten. So kam schnell das Gefühl hoch, hier nicht lange bleiben zu wollen. Hinzu kam, dass unsere Unterkunft in einer kleinen verwinkelten Gasse lag. Große, dicke Ratten liefen gelegentlich im Vorhof umher, in unserem Zimmer roch es nach Schimmel und wir hatten kein Fenster, noch nicht einmal im Bad. Ich war alles andere als begeistert. Wir haben ja keine hohen Ansprüche, aber wenn dann Kopfschmerzen aufgrund der schlechten Luft kommen, wird es doch unangenehm. Doch diese Situation sollte sich ändern. Und zwar durch faule Eier!
Wie faule Eier zum Segen werden können
Es regnete den ganzen Nachmittag weiter. Wir waren in unserem Zimmer. Jonathan arbeitete an einem Video und ich suchte nach unserem nächsten Reiseziel. Plötzlich fing es an total nach faulen Eiern zu stinken. „Das kann doch nicht wahr sein“, dachte ich mir. Wir ließen das Wasser im Bad kurz laufen, aber es wurde nicht besser. Selbst mit offener Tür stand der Gestank im Zimmer. Wir informierten die Besitzerin und nach einigem Hin und Her, Putz- und Parfümversuchen, endete es damit, dass wir ein neues Zimmer bekamen, das Familienzimmer. Und jetzt kam ich ins Stutzen: Das Zimmer war um einiges größer, das Bett war größer, jeder hatte eine Bettdecke, es gab einen Tisch, Warmwasser im Bad UND ein Fenster! Wir waren Gott so dankbar. Das zeigte uns erneut, wie Abwarten und Vertrauen besser sind als sich schnell zu ärgern. Woher und warum der Eiergeruch da war, wissen wir nicht genau.
Regenschirmwetter
Eigentlich hatten wir vorgehabt in Da Nang surfen zu gehen. Aber der andauernde Regen und das dadurch kalte Wetter lud alles andere als zum Surfen ein. So kam es, dass wir die meiste Zeit in unserer Unterkunft waren. Um zu einer vegetarischen Straßenküche zu kommen, mussten wir 20 Minuten laufen. Vorbei ging es an einem Schulgelände. Nach Schulschluss wurden hier alle Kinder von ihren Eltern mit dem Motorrad abgeholt. Was ein Durcheinander und Gewusel! Danach gingen wir wieder an einer von bewaffneten Soldaten bewachten Kaserne vorbei. Wiedermal waren die Soldaten äußerst freundlich und boten Jonathan sogar eine Zigarette an. Das Essen in dem Minirestaurant war toll. Hier in Vietnam gibt es enorm viele leckere Fleischalternativen. Die Besitzerin verstand zwar kein Englisch und auch mit google translate war es schwierig, da sie ohne Brille nicht gut lesen konnte. Dennoch wussten wir uns mit Händen und Füßen zu verständigen.
Arbeitszeit
Aufgrund des schlechten Wetters nutzten wir die Zeit zum Arbeiten an unserer Webseite, zum Planen und Organisieren. Solche Dinge sind auf einer langen Reise notwendig. Nach langen Recherchen stand dann unser nächstes Ziel fest. Wir wollen in die trockenste Region Vietnams, nach Thap Cham. Doch da die Zugfahrt ziemlich lange dauert, machen wir übers Wochenende einen Zwischenstopp in Quang Ngai. Wenn die Wettervorhersage für diese Region besser gewesen wäre, hätten wir noch einen Abstecher auf der Insel Lyson gemacht. Diese wird auch „Knoblauchinsel“ genannt, womit wir uns wunderbar hätten identifizieren können 😀 aber vielleicht nächstes mal.
Bánh Xèo in Quang Ngai
Dafür haben wir in Quang Ngai das erste Mal Essen an einem Straßenstand probiert. Wie wir in einem anderen Blog erwähnten, ist vegetarisches Essen hier in Vietnam eher schwer zu finden. Dabei ist ja an Reis mit Gemüse und Tofu nichts schweres dran. Wir wurden von einer vietnamesischen Englischlehrerin angesprochen, die uns wohl ziellos umher irren sah. Mit ihrer Übersetzungshilfe probierten wir das erste mal vietnamesische Pfannkuchen aus, genannt: Bánh Xèo. Total simpel und sehr lecker. Das ganze wird mit frischem Gemüse serviert. So machten wir es uns auf den Mini-Plastikstühlen gemütlich, die an Kinderstühle von früher erinnerten und bewaffneten uns mit Stäbchen.
Zugfahrt nach Thap Cham
Am Sonntag ging es dann 9,5 Stunden mit dem Zug in Richtung Thap Cham. Am Bahnhof holten wir uns Banh mi, ein belegtes Baguette mit Gemüse, Rührei und Sojasauce, sozusagen ein Überbleibsel aus der französischen Besatzungszeit. Der Bahnangestellte versuchte sich angeregt mit uns zu unterhalten. Sein vietnamesischer Akzent im Englischen machte es für uns schwer ihn zu verstehen. An verschiedenen Haltestellen liefen Frauen durch den Zug und verkauften gekochten Mais, Baguette, gekochte Eier und Süßigkeiten. Teilweise sehr aufdringlich! Wir waren aber bestens versorgt. An diesem Tag schien irgendein besonderes Fußballspiel zu sein. Im Zug versammelten sich ein paar Männer vor einem Handybildschirm. Als wir in Thap Cham zu unserer Unterkunft fuhren, sahen wir überall größere Menschengruppen zusammen sitzen. Selbst bei unserer Unterkunft schaute die Frau an der Rezeption beim Einchecken mehr auf ihr Handy, als auf die neuen Gäste. Eine fußballbegeisterte Nation!
Folgende Videos ergänzen den Beitrag